Interview mit Markus Hoppe, wissenschaftlicher Mitarbeiter der INPUT Consulting gGmbH

Sie haben im September 2021 eine Online-Befragung von Betriebs- und Personalräten zu Künstlicher Intelligenz im Betrieb durchgeführt. Die Befragungsergebnisse zeigen, dass betriebliche Interessenvertretungen vielfach noch skeptisch gegenüber KI-Systemen sind und negative Auswirkungen des KI-Einsatzes befürchten, wie etwa eine stärkere Kontrolle der Beschäftigten oder steigenden Arbeitsdruck. Die Gründe für diese Skepsis verorten Sie vor allem in Wissens- und Erfahrungsdefiziten. Welche Rolle spielt nach Ihrer Einschätzung dabei der Faktor Beteiligung?

Generell lässt sich Beteiligung im Kontext der digitalen Transformation in zwei Richtungen lesen: Auf der einen Seite geht es darum, die Beteiligung betrieblicher Interessenvertretungen an den mit KI verbundenen technologischen Veränderungsprozessen sicherzustellen. In dieser Perspektive bedeutet die Skepsis von Betriebs- und Personalrät:innen gegenüber KI-Systemen, dass sie befürchten, die Entwicklung gehe an ihnen vorbei und das Digitalisierungsgeschehen im Betrieb vollziehe sich über ihre Köpfe hinweg. Für diese Sichtweise spricht der hohe Unterstützungsbedarf hinsichtlich der Grundlagen der Einflussnahme und Mitgestaltung, den wir in unserer Betriebs- und Personalrätebefragung gesehen haben. Informationen erhalten, frühzeitig beteiligt und vom Arbeitgeber ernst genommen werden als Akteur der digitalen und KI-geprägten Transformation – das ist es, worum es den meisten Betriebs- und Personalräten geht. Obgleich sie oft als „Verhinderer“ und „Spielverderber“ gesehen werden, diesem Bild entsprechen jedoch in der Praxis die wenigsten

In einer anderen Perspektive meint Beteiligung die Partizipation von Beschäftigten an technologischen Innovationen, zu denen sich auch die Einführung und Nutzung von KI-Technologien zählen lässt. In diesem Punkt ist wichtig, dass Beschäftigte selbst in aller Regel am besten beurteilen können, ob die Einführung einer KI für ihren eigenen Arbeitsbereich sinnvoll wäre, welche Anforderungen an die Technikgestaltung zu stellen sind und welche Störvariablen es in den Arbeitsabläufen gibt, die folglich auch bei der KI-Entwicklung berücksichtigt werden sollten. Beschäftigte sind sozusagen Expert:innen ihrer eigenen Arbeitsprozesse und es wäre auch aus unternehmerischer Perspektive fahrlässig, auf deren Prozess- und Erfahrungswissen zu verzichten und Investitionen in technologische Innovationen ausschließlich an kurzfristigen Kostenkalkülen festzumachen. Eine aktive Beteiligung von Beschäftigten an der Einführung und Weiterentwicklung von KI-Technologien kann darüber hinaus die Akzeptanz von KI von Seiten der Belegschaften nachhaltig stärken und trägt außerdem zur Vermeidung von technologischen Fehlern der KI bei. Für Betriebs- und Personalräte bedeutet dies, sich darum zu kümmern, die Rolle von Beschäftigten im Prozess der digitalen Transformation zu stärken. Dazu müssen sie beteiligungsorientierte Vorgehensweisen bei der Technologieentwicklung einfordern. Die aus unserer Befragung herauszulesende Skepsis betrieblicher Interessenvertreter:innen gegenüber dem KI-Einsatz zeigt sich in dieser Perspektive daran, dass es ihnen an Ideen zur Beschäftigtenbeteiligung vielfach noch mangelt und sie in dieser Frage einen hohen Unterstützungsbedarf haben. 

Mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz wurde der technologischen Entwicklung Rechnung getragen, unter anderem wurde die Mitbestimmung beim Einsatz Künstlicher Intelligenz an mehreren Stellen erstmals explizit geregelt. Die von Ihnen befragten Betriebsräte stimmen jedoch mehrheitlich nicht der Aussage zu, dass sich die Anwendung von KI-Systemen im Unternehmen mit den Möglichkeiten des Betriebsverfassungsgesetzes gut bewältigen lässt. Was fehlt aus Ihrer Sicht für eine ausreichende Beteiligung der Beschäftigten? Was ist das Besondere an der Mitbestimmung bei KI-Systemen gegenüber anderen (Digitalisierungs-)Themen?

Künstliche Intelligenz ist – anders als herkömmliche IT – dadurch gekennzeichnet, dass aus Daten eigenständig Schlussfolgerungen gezogen und somit Ergebnisse hervorgebracht werden können, die nicht vorherbestimmt sind. Und genau um diese „Zone des Ungewissen“ geht es bei der KI-Mitbestimmung. Bisher, d.h. bezogen auf konventionelle IT-Systeme, war es so, dass Mitbestimmung ausgeübt wurde, bevor die entsprechenden Technologien eingesetzt werden durften, etwa indem geprüft wurde, ob es einen Handlungsbedarf in Richtung der Eignung der Systeme zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle von Beschäftigten gibt. Bei KI-Technologien ist die Situation schwieriger, weil die Systeme die Fähigkeit zum Lernen und zur Verbesserung besitzen und aus zusätzlichen Daten neue Erkenntnisse generieren. Das heißt, dass sich die Auswirkungen von KI auf Beschäftigte im laufenden Echtbetrieb verändern können. Für die betriebliche Mitbestimmung bedeutet dies, dass eine einmalige mitbestimmungsrechtliche Bewertung von Technologien vor dem Echtbetrieb nicht mehr ausreicht, sondern dass es notwendig wird, die Auswirkungen auf Beschäftigte fortlaufend im Prozess zu überprüfen. Für diese Aufgabe benötigt der Betriebsrat Informationen vom Arbeitgeber und ggf. externen Sachverstand, soweit die IT-Kompetenzen zum technologischen Verständnis von KI im Gremium nicht ausreichen. Mit dem angesprochenen Betriebsrätemodernisierungsgesetz hat der Gesetzgeber die Rechte und Handlungsmöglichkeiten von Betriebsräten in mehreren Aspekten gestärkt. Zum einen gilt Künstliche Intelligenz nun in § 80 Abs. 3 BetrVG explizit als Grund, der die Hinzuziehung von Sachverständigen bei der Ausübung der allgemeinen Aufgaben von Betriebsräten rechtfertigt. Zum anderen werden in § 90 BetrVG auch die Unterrichtungs- und Beratungsrechte von Betriebsräten gestärkt, indem der geplante Einsatz von KI als Anlass definiert wird, bei dem der Arbeitgeber den Betriebsrat frühzeitig und umfassend im Kontext geplanter Änderungen von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen zu informieren hat. Dass die von uns befragten Betriebs- und Personalrät:innen dennoch die aktuelle Rechtslage für nicht ausreichend erachten, hat meines Erachtens auch damit zu tun, dass viele sich derzeit noch am Beginn der KI-Transformation befinden und sich noch nicht auf eingespielte Routinen und betrieblich erprobte Verfahrensweisen der Mitbestimmung berufen können. Meine These ist aber, dass sich dies nach einer gewissen Anlaufzeit, in der Erfahrungen gesammelt, gute Praxisbeispiele aufgezeigt und auch mit gewerkschaftlicher Unterstützung Kompetenzen in Sachen KI aufgebaut worden sind, einpegeln wird. Wenn wir die Befragung in zwei, drei Jahren wiederholen würden, sähen die Ergebnisse sicher etwas anders aus.

Sie fragen auch nach den Defiziten mit Blick auf eine ausreichende Beschäftigtenbeteiligung. In diesem Aspekt lässt sich der Eindruck gewinnen, dass der Wert von Beschäftigtenbeteiligung in Unternehmen und Verwaltungen vielfach noch nicht hinreichend erkannt ist bzw. nicht den notwendigen Status zu haben scheint. Unsere Erfahrungen zeigen, dass Beschäftigtenbeteiligung kein Selbstläufer ist, sondern dass dafür Ressourcen und Strukturen erforderlich sind. In unserer schnelllebigen Zeit, in der sich vieles in den Unternehmen um Kennzahlen und erreichte Ziele dreht, ist es häufig schwierig, Beschäftigte aus dem operativen Geschäft herauszunehmen, damit sie an technologischen Entwicklungen mitwirken. Zwar bezweifelt niemand die Vorteile der Beschäftigtenbeteiligung, jedoch sind die positiven Effekte etwa im Hinblick auf die Technologieakzeptanz oder die Qualität von KI-Anwendungen häufig nicht unmittelbar messbar. Es geht daher auch um Unternehmenskultur. Betriebs- und Personalräte sind gut beraten, grundsätzlich am Aufbau und der nachhaltigen Nutzung von Methoden der Beschäftigtenbeteiligung mitzuarbeiten. Ich denke hierbei an systematische Austauschprozesse zwischen den IT-Fachabteilungen und den operativen Beschäftigten, etwa durch den Aufbau von strukturierten und moderierten internen Kommunikationskanälen oder Multiplikator:innen, über die Anforderungen von Beschäftigten an KI und Probleme mit der Technik vermittelt werden können. In der Praxis haben wir vielerlei Möglichkeiten gesehen, solche Prozesse zu unterstützen, z.B. kontinuierlich gepflegte „Postfächer“, Informationsrundschreiben der Fachabteilungen oder auch für spezielle KI-Anwendungen zuständige Multiplikator:innennetzwerke. Mindestens genauso wichtig ist es aber, dass die Vorteile der Beschäftigtenbeteiligung auch vom Unternehmen erkannt und gefördert werden, etwa indem einzelnen Mitarbeiter:innen auch die Gelegenheit gegeben wird, sich in derartige Prozesse einbringen zu können, ohne dies in der Freizeit oder zulasten ihrer eigentlichen Arbeit tun zu müssen.

Betriebsräte sehen Unterstützungsbedarfe vor allem bei der Durchführung von Folgenabschätzungen und den Grundlagen der Einflussnahme und Mitgestaltung bei der Einführung von KI-Systemen. Wie kann eine Unterstützung in diesen Fragen konkret aussehen? Welche Methoden oder Formate der Beteiligung eignen sich nach Ihrer Erfahrung besonders gut, damit Betriebsräte den Prozess aktiv mitgestalten können? Und welche Voraussetzungen müssen dafür in den Betrieben geschaffen werden?

Bei der Frage nach konkreten Unterstützungsmöglichkeiten hilft ein Blick darauf, was in Vorreiterunternehmen des KI-Einsatzes passiert. Zwar handelt es sich dabei in aller Regel um Großbetriebe bzw. Konzerne in IT-nahen Bereichen, jedoch mussten und müssen auch dort Strukturen und Prozesse aufgebaut werden, an denen sich die Mitbestimmung orientieren kann. Zunächst sind dabei die Grundlagen der Einflussnahme und Mitgestaltung, die in unserer Befragung als ein Thema identifiziert wurde, in dem Betriebs- und Personalräte großen Unterstützungsbedarf haben, zu schaffen und zu institutionalisieren. Nach unserem Eindruck haben diese Herausforderung vor allem jene Betriebsratsgremien gut bewältigt, die sich zunächst darauf verständigt haben, die digitale und KI-geprägte Transformation des Unternehmens proaktiv mitzugestalten und darauf zu schauen, welche Potenziale für Beschäftigte in dem Wandel auch stecken können. Nicht „Verhinderer“, sondern „Mitgestalter“ sein zu wollen, das war für viele dabei das ausschlaggebende Motto. Der zweite Faktor in diesem Zusammenhang ist, dass anschließend auch mit dem Arbeitgeber gemeinsam geschaut wurde, wie die sozialpartnerschaftliche Zusammenarbeit im digitalen Wandel aussehen soll. Wir sehen, dass sowohl Betriebsräte einen hohen Informationsbedarf in Sachen KI haben als auch die Arbeitgeber an einer zügigen Mitbestimmungspraxis interessiert sind, um geplante Technologien einsetzen zu können. Das kann konkret heißen, dass die Bereitschaft des Arbeitgebers zu einer frühzeitigen und über die aus seinen betriebsverfassungsrechtlich vorgesehenen Verpflichtungen hinausgehenden Informationsweitergabe von Betriebsräten mit einer Beschleunigung und Vereinfachung des Mitbestimmungsprozesses honoriert werden kann, weil beiderseitig Vertrauen signalisiert wurde. In der betrieblichen Praxis wurden mit dieser Stoßrichtung Betriebsvereinbarungen abgeschlossen, die regelmäßige Informationsrunden des Arbeitgebers über geplante Anwendungen vorsehen, etwa ein „Digitalisierungs-Board“, wo auch bereits frühzeitig erkannt werden kann, ob es Handlungsbedarfe für die Mitbestimmung gibt. Dazu passt auch das Thema Folgenabschätzung, mit dem unsere Befragten auch bislang überfordert sind. Manche Unternehmen nutzen inzwischen Verfahren, bei denen der Arbeitgeber Auskunft über mögliche Risiken beim Datenschutz, aber auch hinsichtlich der zu erwartenden Auswirkungen auf Personalbedarfe, Qualifikationen und Arbeitsbelastungen geben muss. Dies können „KI-Systemsteckbriefe“, Kategorienschemata für Risiken von KI wie Ampelmodelle oder Informationsformulare über die Einsatzmöglichkeiten und Auswirkungen von KI („AI-Card“) sein. Wir sehen, dass es in der Praxis bereits eine breite Palette an Ansatzpunkten zur Bewertung der Folgen von KI gibt. Es kommt nun darauf an, die guten Praxisbeispiele zu systematisieren und für einen breiteren Kreis an Anwendenden zugänglich zu machen.

Bei den Methoden der Beschäftigtenbeteiligung als Element einer menschenzentrierten KI-Anwendungspraxis muss das Rad auch bei KI nicht gänzlich neu erfunden werden. In vielen Unternehmen und Verwaltungen werden Beteiligungsmöglichkeiten für Beschäftigte bereits seit langer Zeit genutzt und darauf lässt sich aufbauen. Zu diesen „klassischen“ Beteiligungsformaten zählt etwa das Ideenmanagement, das betriebliche Vorschlagwesen, der kontinuierliche Verbesserungsprozess, aber auch der Dialog zwischen Beschäftigten und Führungskräften. Mithilfe solcher Verfahren können die Anforderungen von Beschäftigten gesammelt und strukturiert an die für die KI-Entwicklung zuständigen Abteilungen oder als Produktbeschreibung an IT-Dienstleister übermittelt werden. Auch der Betriebsrat selbst kann Ansprechpartner für Beschäftigtenbedarfe sein und die Rolle als Transporteur von deren Anforderungen einnehmen. Außerdem ist es so, dass die genutzten Beteiligungsinstrumente häufig der Mitbestimmung unterliegen, etwa wenn es um die Grundsätze der Beschäftigtenbeteiligung im Unternehmen geht oder die Arbeitszeit bzw. das Entgelt der Beschäftigten betroffen ist. Im Kontext der digitalen Transformation sind neben solchen klassischen Beteiligungsinstrumenten auch Beteiligungsformate sinnvoll, bei denen die Beschäftigteninteressen systematisch in den Prozess der Technologieentwicklung einbezogen und als Grundlage der KI-Gestaltung genutzt werden. Dies kann beispielsweise durch die temporäre Einbindung von operativen Beschäftigten in agile Entwicklungsteams erfolgen, etwa im Rahmen von Praxislaboratorien, in denen Beschäftigte Teil des LabTeams sind. Wichtig ist dabei die sozialpartnerschaftliche Einbettung. Beschäftigtenbeteiligung sollte selbstverständlicher Teil der Unternehmenskultur sein. Unternehmen können so vom Prozess- und Erfahrungswissen der Beschäftigten profitieren, was zur passgenauen KI-Entwicklung und -Praxis beiträgt. Betriebs- und Personalräte können am Aufbau, der Weiterentwicklung und der nachhaltigen Nutzung von Beteiligungsstrukturen mitwirken und damit den Rückhalt in der Belegschaft ebenso stärken wie sich Einfluss auf das betriebliche KI-Geschehen sichern.

In KMU und in stressgeplagten Branchen wie der Pflege haben Betriebsräte häufig nur wenig Zeit, sich jenseits ihres Tagesgeschäftes mit Themen wie Künstlicher Intelligenz zu beschäftigen – wenn es denn überhaupt eine Interessenvertretung gibt. Dadurch bleiben Vorbehalte bei den Beschäftigten gegenüber KI im Raum stehen, obwohl die KI auch dabei helfen kann, dem Fachkräftemangel zu begegnen und die Beschäftigten zu entlasten. Wie können Betriebsräte und Beschäftigte solcher Betriebe am besten unterstützt werden, die eigentlich keine Ressourcen für umfassende Weiterbildungsmaßnahmen haben? Welche Rolle können Gewerkschaften dabei spielen?

Das Problem mangelnder zeitlicher und personeller Ressourcen in den Betriebs- und Personalratsgremien ist in der Tat ein ernstzunehmendes und birgt die Gefahr, dass KI-Technologien an den Bedürfnissen der Beschäftigten vorbei eingesetzt werden und nachteilige Nebenwirkungen auftreten. Was können Betriebs- und Personalräte also tun? Ich möchte hierbei auf drei Strategien hinweisen, mit denen sich die Ressourcenknappheit möglicherweise besser bewältigen lässt. Erstens sollte dafür gesorgt werden, dass in den Gremien interner Sachverstand aufgebaut wird, indem Personen, die eine gewisse IT-Affinität oder Fachkompetenz mitbringen, für die Gremienarbeit gewonnen werden. Dies können z.B. Beschäftigte sein, die sich in ihrem beruflichen Aufgabengebiet mit IT-Themen beschäftigen. In den Bereich der Aneignung von KI-Kompetenzen fällt zweitens auch, dass sich Betriebs- und Personalräte in die Erprobung und Entwicklung neuer Technologien einbringen, etwa indem sie an „Friendly User Tests“ oder ähnlichen Erprobungsformaten mitwirken und so die betreffenden KI-Anwendungen kennen lernen. Dies hilft, Vertrauen in die Technologien zu gewinnen, Vorbehalte abzubauen und Erfahrungen im Umgang zu sammeln. Eine dritte Möglichkeit besteht in der Hinzuziehung externen Sachverstands, die wie bereits erwähnt mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz leichter geworden ist. An dieser Stelle kommen dann auch die Gewerkschaften ins Spiel, die Informationen über in Frage kommende Expert:innen weitergeben und Hinweise auf gelungene Praxisbeispiele teilen können. Zu erwähnen sind hierbei die Technologieberatungsstellen des DGB oder auch Expert:innen-Netzwerke zu unterschiedlichen Themen und Fragestellungen von Einzelgewerkschaften, die dem Erfahrungsaustausch und der Strategiebildung dienen. Im Übrigen sichert die Mitarbeit von Betriebs- und Personalräten in gewerkschaftlichen Gremien ebenso den Zugang zu wichtigen Informationen. Hinzu kommen die gewerkschaftlichen Bildungsangebote, die Betriebs- und Personalräten auch zu KI-relevanten Themen offenstehen.

Zum Abschluss noch eine Frage, die für die Geschäftsführenden interessant sein könnte: Welche positiven Effekte können aus der Beteiligung der Beschäftigten und deren Interessenvertretungen für das Unternehmen insgesamt resultieren, sofern man es „richtig“ angeht?

Beschäftigtenbeteiligung ist natürlich kein Selbstzweck. Dem Leitbild einer menschenzentrierten Gestaltung von KI entsprechend, nach dem bei der Entwicklung von KI-Technologien die Interessen von Unternehmen und Beschäftigten gleichermaßen zum Tragen kommen sollen, sind Verfahrensweisen sinnvoll, die systematisch auf den Anforderungen von Beschäftigten aufbauen. So sollte es zunächst selbstverständlich sein, dass es im Unternehmen bzw. in der Verwaltung Rahmenbedingungen gibt, die es Beschäftigten ermöglichen, sich in technologische Innovationsprozesse auch einbringen zu können. Dies erfordert Zeit, die an anderer Stelle möglicherweise fehlt und vom Unternehmen eingeräumt werden muss, etwa für die Beteiligung an agilen Entwicklungsprojekten oder um sich für den Umgang mit KI zu qualifizieren. Aus unternehmerischer Perspektive kann sich diese Investition aber in jedem Fall auszahlen. KI-Technologien, die mit Beteiligung der Beschäftigten entwickelt und erprobt wurden, passen zunächst besser zum tatsächlichen Bedarf und dürften auch fehlerfreier funktionieren, weil die Beschäftigtenbeteiligung dazu führt, dass Schwachstellen frühzeitig erkannt und die Funktionstüchtigkeit besser gewährleistet werden können. Salopp gesagt wird bei einer menschenzentrierten KI-Gestaltung weniger Geld in den Sand gesetzt als bei Lösungen „von der Stange“, die häufig erst an die tatsächlichen betrieblichen Anforderungen angepasst und von den Beschäftigten, die damit arbeiten, auch akzeptiert werden müssen. Nicht selten passiert es, dass KI-Lösungen, die von externen IT-Dienstleistern ohne Kenntnis der betrieblichen Gegebenheiten auf bestehende Arbeits- und Geschäftsprozesse aufgesetzt werden, nach einer gewissen Anlaufzeit aufgrund von Funktions- und Akzeptanzproblemen wieder deaktiviert werden. Dies führt uns zum nächsten unternehmerisch interessanten Aspekt. KI-Technologien, an denen Beschäftigte selbst mitgewirkt haben, kommen besser bei den Belegschaften an, weil die beteiligten Mitarbeiter:innen die Anwendung zu „ihrer Sache“ machen. Deshalb ist auch die Motivation, die Technologie sinnvoll zu nutzen, weitaus größer. Ein dritter Vorteil für Arbeitgeber besteht in der Anerkennung und Wertschätzung, die sie Beschäftigten entgegenbringen. Unternehmen, die beteiligungsorientiert, experimentierfreudig und fehlertolerant sind, können dies angesichts des in vielen Branchen bestehenden Personal- und Fachkräftemangels als ein Element der Arbeitgeberattraktivität bei der Gewinnung und Bindung motivierter, qualifizierter und zufriedener Beschäftigter in die Waagschale werfen.