Autor: Max Oppenheimer

Dieser Beitrag wurde von Max Oppenheimer verfasst. Er ist Projektreferent für das KI Wissens- und Weiterbildungszentrum bei „das Demographienetzwerk e.V.“ (ddn) und ist für die Austausch- und Vernetzungsarbeit zuständig.

Am 12.12.22 fand das vierte und letzte Austauschforum „KI in KMU statt. Bei der Online-Veranstaltung tauschten sich folgende Vertreter von KMUs aus:

Ergänzt wurde die Runde von Vertreter*innen der regionalen Zukunftszentren, sowie dem Zentrum Digitale Arbeit (ZDA), die den Praxisaustausch ab 2023 übernehmen werden.

Mit KI ganze Arbeitstage einsparen

Benedikt Brügner, der Geschäftsführer der Ballweg + Büttner GmbH, eröffnete die Runde mit einem Impulsvortrag dazu, wie eine KI-gestützte Software zur automatisierten Erstellung von Kalkulationsdaten genutzt wird, wodurch eine starke zeitliche Entlastung der zuständigen Mitarbeitenden erreicht wird.

Mit der Implementierung dieser KI-Anwendung reagierte das Unternehmen auf mehrere, sich gegenseitig beeinflussende, Faktoren. Das Unternehmen hatte eine wachsende Zahl von Angebotsanfragen zu verzeichnen. Dies stellte für das Unternehmen eine größere Herausforderung dar, da der ursprüngliche Ablauf des Prozesses, vom Eingehen der Angebotsanfrage bis hin zur finalen Erstellung und Zusendung des Angebots, zeitintensiv war und nur in etwa 50 Prozent der Fälle zur Erteilung eines verbindlichen Auftrags führte. Da die Ballweg + Büttner GmbH, wie derzeit viele Unternehmen, mit dem zunehmenden Fachkräftemangel zu kämpfen hat, wurden die unternehmensinternen Prozesse unter die Lupe genommen um zu analysieren, an welchen Stellen eine Automatisierung mit Hilfe digitaler Innovationen sinnvoll sein könnte.

Bei diesen Überlegungen wurden primär zwei Punkte im Ablauf der Angebotserstellung identifiziert: zum einen die Erfassung der relevanten Daten im ERP-System und zum anderen die Erstellung der Kalkulationsdateien. Da sich die ERP-Datenerfassung stark am Kundenwunsch, den unterschiedlichen Zulieferern, individueller Stücklisten, kurz: an nicht leicht standardisierbaren Daten orientiert, sondern hier das individuelle Wissen der Mitarbeitenden im Fokus steht, hat man davon abgesehen, eine Automationslösung für diesen Schritt zu entwickeln

Im Kontrast dazu folgt die Erstellung der Kalkulationsdateien, anders als die ERP-Datenerfassung, einem immer gleichen Muster und da in diesem Schritt mit einheitlichen Daten und Kennzahlen gearbeitet werden kann, wurde dieser Schritt für die Automation ausgewählt.

„Während dieser Aufgabenschritt zwar stark fehleranfällig ist, ist er auch wenig geistreich. Es sind immer wieder die gleichen Abfolgen, aber die Dateien müssen dann auch richtig zusammengestellt werden. Sie müssen richtig benannt und ins richtige Verzeichnis abgespeichert werden.“

Benedikt Brügner, Geschäftsleitung Ballweg + Büttner GmbH

Das daraufhin entwickelte Tool spart nun ganze Arbeitstage ein. Während das Erstellen der Kalkulationsdaten den Mitarbeiter rund einen, bis eineinhalb Tage in Anspruch genommen hat, schafft die Software die gleiche Arbeit in etwa einer Stunde. Das Ergebnis muss dann nur noch einer Überprüfung durch einen Mitarbeitenden unterzogen werden, wodurch sich der gesamte Zeitaufwand auf etwa zwei bis drei Stunden reduziert. Das Endergebnis spricht für sich, jedoch muss auch der Weg dorthin beleuchtet werden.

Vernetzung und Austausch sind das A und O

Bevor es an die Umsetzung der KI-Software ging, formulierte die Ballweg + Büttner GmbH eine Liste an Zielen und Wünschen, die das Produkt erfüllen sollte. Dabei war besonders wichtig, dass die bestehende Infrastruktur so wenig wie möglich verändert wird. Zum einen sollte die Software an das bestehende ERP-System angebunden und zum anderen das Kalkulationsschema in seiner bisherigen Form beibehalten werden.  

Die Auswahl des Technologiepartners fiel dann auf die Firma OMM-Solutions. Hier bestand bereits ein Kontakt durch eine Vernetzungsveranstaltung der IHK. Da insbesondere in KMU häufig auch die Expertise in Form von IT-Fachkräften fehlt, ist diese Form von Austausch und Wissenstransfer besonders wichtig.

„Mein Wunsch wäre es, gerade über so Austauschformate wie hier, dass man da offener miteinander umgeht und sagt: ‘das und das haben wir auch genutzt. Und das und das funktioniert hier’. Im Idealfall hat man dann so einen Katalog, aus dem ich mir meine Bausteine zusammensuchen kann. Weil wenn jeder alles neu entwickeln muss, dann ist das ein Riesenproblem! (…) Ich denke, das ist der einzige Weg für uns KMUs, über den Austausch. Denn wir können uns nicht um jeden Prozess ein dreiviertel Jahr aufs Neue kümmern, sonst sind wir mit unseren Digitalisierungsprozessen erst in zwanzig Jahren durch.“

Benedikt Brügner, Geschäftsleitung Ballweg + Büttner GmbH

Der Implementierungsprozess

Nach einer ersten Kontaktaufnahme wurde mit der Definition des Prozesses begonnen, sowie eine Machbarkeitsanalyse durchgeführt. Für die konkrete Umsetzung entschied man sich für eine zusätzliche virtuelle Maschine als Arbeitsumgebung, also ein abgekapseltes Rechnersystem innerhalb des bereits existierenden Rechnersystems des Unternehmens. Die virtuelle Maschine bildet die Rechnerarchitektur eines real in Hardware existierenden oder eines hypothetischen Rechners nach. Dies hatte den Vorteil, dass von Unternehmensseite, ebenso wie von Seiten des Softwareanbieters auf das System zugegriffen werden konnte. Dadurch konnten sicherheitstechnische, ebenso wie rechtliche Probleme adressiert werden.  

Während des gesamten Implementierungsprozesses wurden die Neuerungen und der allgemeine Ablauf via MS-Teams durch das Softwareunternehmen vorgeführt, wodurch in jeder neuen Abstimmungsschleife die Möglichkeit für Änderungen und Nachbesserungen gegeben wurde. Hier waren auch Aspekte bei der Umsetzung zu finden, die dem Unternehmen davor so nicht bewusst waren. Insbesondere der Umfang des benötigten Inputs von Unternehmensseite wurde hierbei unterschätzt.

„Das war auch nötig, weil man muss da schon sagen, da waren mehrere Schleifen notwendig, bis der Prozess sauber lief. Meine Vorstellung am Anfang war so: wir definieren den Prozess so, damit der auch für uns relativ klar ist (…), die [der KI-Partner] nehmen sich das dann vor und, sagen wir mal, nach zwei Monaten haben wir das dann. Das Ganze hat dann ca. ein dreiviertel Jahr gedauert. (…) Das war zum Teil ein steiniger Weg und da ging einiges an Zeit rein und das haben wir auch am Anfang unterschätzt.“

Benedikt Brügner, Geschäftsleitung Ballweg + Büttner GmbH

Neben den Abstimmungsschleifen mit dem KI-Anbieter, musste zusätzlich auch der externe IT-Dienstleister, welcher sich um die IT-Infrastruktur der Ballweg + Büttner GmbH kümmert, in den Prozess mit eingebunden werden.

Obwohl der Geschäftsführer die Leitung bei dem unternehmensinternen Veränderungsprozess innehatte, wurden die Mitarbeitenden miteinbezogen. Insbesondere die Mitarbeitenden, die mit dem Tool arbeiten, hatten die Möglichkeit, bei den Treffen zu den Abstimmungsschleifen teilzunehmen und konnten an dieser Stelle gleichermaßen Wünsche und Sorgen adressieren.

Kosten-Nutzen?

Wie im ersten Nachbericht zu lesen ist, muss KI nicht teuer sein. Die Ballweg + Büttner GmbH konnte für ihr Vorhaben eine Förderung von rund 6000 Euro in Anspruch nehmen, wodurch sich die Gesamtkosten für die Implementierung mehr als halbiert haben.

„Wenn man das hochrechnet auf die Stunden, hat sich das dann auch nach kürzester Zeit gerechnet (…) und die Kosten waren da auch mehr als überschaubar, für das was es uns bringt im Verhältnis. Denn im Prinzip schaffe ich mir da einen zusätzlichen virtuellen Mitarbeiter.“

Benedikt Brügner, Geschäftsleitung Ballweg + Büttner GmbH

Lessons Learned

Herr Brügner formulierte zum Ende hin noch ein paar Tipps, worauf man bei einer KI-Implementierung besonders achten sollte: 

  • KI-Anbieter finden, mit dem man sich wohlfühlt und man das Gefühl hat, gut zusammenarbeiten zu können 
  • Zugriff auf das Projekt genau definieren: wo liegen die Zugangsdaten und wer hat Zugriff? 
  • Klare Kommunikationslinien im Vorfeld abklären und bei mehreren Playern (z.B. Unternehmen – IT-Dienstleister – KI-Anbieter) möglichst alle gleichzeitig an einen Tisch holen 
  • Im Idealfall Vernetzungsmöglichkeiten wahrnehmen und einen persönlichen Austausch mit anderen Unternehmen suchen und aus dem Transferwissen lernen 

Welche Tipps die anderen Teilnehmenden für KI-Einsteiger:innen haben, können Sie im zweiten Nachbericht der KMU-Austauschforen nachlesen. 

Haben Sie Fragen zu dem Artikel? Dann wenden Sie sich gerne an den zuständigen Mitarbeiter Max Oppenheimer unter: oppenheimer@ddn-netzwerk.de